Klasse gegen Klasse
In allen Teilen der Welt gehen am 1. Mai viele Millionen Menschen auf die Straße. Aktive aus linken und revolutionären Organisationen, aus Gewerkschaften und verschiedenen Bewegungen bringen ihre täglichen Forderungen und Kämpfe auf einen Punkt: Für den Klassenkampf, gegen Kapital und bürgerliche Regierungen, für eine Welt in der die Lebens- und Arbeitsbedingungen nicht nach Verwertungsinteressen, sondern nach den Bedürfnissen aller gestaltet werden, für eine Perspektive jenseits des Kapitalismus.
Die kapitalistische Krise
Aktuell wird von bürgerlichen Medien und Parteien behauptet die Krise sei überwunden, ein erneuter Aufschwung sei im Gange und alles in allem funktioniere der Kapitalismus wieder hervorragend. Tatsächlich ist es Kapitalistenklasse und Regierenden gelungen die Krisenerscheinungen abzuwälzen und damit weiter hohe Profite für Banken und Konzerne zu gewährleisten. In einigen europäischen Ländern wie Griechenland und Irland wurde damit begonnen, umfassende Kürzungsprogramme umzusetzen, mit der Verarmung großer Teile der Beschäftigten als Folge. Auch in der BRD haben die in den letzten Monaten und Jahren eingeleiteten Maßnahmen dafür gesorgt, dass die Situation für die Lohnabhängigen in vielerlei Hinsicht verschärft wurde: Das Renteneintrittsalter wurde erhöht und damit die Lebensarbeitszeit für viele verlängert und für viele weitere die Rente faktisch gekürzt; die Umstrukturierungen im Gesundheitswesen sichern den Pharmakonzernen auf Kosten der Versicherten ihre Profite, bei gleichzeitigen massiven Verschlechterungen der Krankenversorgung; in großem Ausmaß sind ehemals tariflich abgesicherte Arbeitsverhältnisse durch schlechter bezahlte und ungesicherte ersetzt worden; in den Kommunen geht der Kahlschlag bei sozialen Einrichtungen, Freizeitmöglichkeiten und Kulturbetrieben weiter, während Milliarden in Großprojekte wie Stuttgart 21 und damit vor allem an die daran beteiligten Konzerne fließen.
Für den Großteil der Weltbevölkerung sind die Auswirkungen noch verheerender. Von Jahr zu Jahr nimmt die Zahl der Armen zu, die keinen Zugang zu Trinkwasser, ausreichend Nahrungsmitteln oder medizinischer Versorgung haben. Millionen arbeiten in »Billiglohnfabriken« unter kaum zu ertragenden Arbeitsbedingungen. Rohstoffe werden von den westlichen Konzernen, insbesondere in den Ländern Afrikas, unter Zuhilfenahme korrupter Regierungen geplündert. Militärische Invasionen zerstören die Lebensgrundlagen der Menschen in Afghanistan und anderen Ländern. Spekulationen von Großkonzernen mit Nahrungsmitteln treiben die Preise in die Höhe und lassen Millionen hungern, während mehr als genug Nahrung vorhanden ist. Für den Großteil der Weltbevölkerung bleibt das Gerede von Aufschwung und sozialer Marktwirtschaft nichts als reiner Hohn. Der Kapitalismus wird auch zukünftig nicht so funktionieren wie es uns die bürgerliche Propaganda weismachen will. Dieses System gibt es nicht ohne Krisen, nicht ohne Profitstreben, nicht ohne Zerstörung der Natur, nicht ohne die Zunahme von Armut und nicht ohne die Verschwendung von Ressourcen für Waffen und lediglich aus kommerziellen Beweggründen produzierten Ramsch. Kriege, militärische Interventionen und staatliche Gewalt gegen widerständige Bewegungen gehören ebenso zum vermeintlich demokratischen kapitalistischen System. Seine Krisenhaftigkeit wird auch zukünftig zu Zuspitzungen des Klassenkampfs von oben führen. Und zu politischen Krisen, in denen sich die verschiedenen Kapitalfraktionen und bürgerlichen Parteien nicht mehr einigen können und sie ihre Unfähigkeit dieses System in den Griff zu bekommen, offenbaren. Dadurch verlieren sie weiter das Vertrauen der Bevölkerung. Es werden daher auch immer wieder die Notwendigkeit von Protest und Widerstand vieler Menschen gegen die Profiteure, Kriegstreiber und Sozialabbauer auf die Tagesordnung gebracht und tiefgreifende Veränderungen möglich. Der Sturz, der von den imperialistischen westlichen Staaten gestützten Regimes in Nordafrika, haben einmal mehr gezeigt, dass staatliche Krisen auch für fortschrittliche Veränderungen genutzt werden können.
Gemeinsam kämpfen!
Von Seiten deutscher Gewerkschaftsbosse wird sich aktuell damit gerühmt, der wirtschaftliche Aufschwung sei auch ein Verdienst ihrer zurückhaltenden Linie den Unternehmern gegenüber. Die weitgehend auf Kompromisse ausgerichtete Linie der deutschen Gewerkschaften hätte den Beschäftigten gar mehr gebracht, als die massiven Streiks und Protestaktionen der letzten Monate in Frankreich und Griechenland. Während sie Krümel für die immer kleiner werdende Zahl der Kernbelegschaften, insbesondere in der deutschen Metall- und Baubranche als Erfolge ausweisen, wird immer öfter auf schlechter bezahlte LeiharbeiterInnen zurückgegriffen. Auch die Lohnerhöhungen werden durch Mehrkosten für Gesundheits- und Altersvorsorge, Schule und Universität, sowie die Verteuerungen der diversen Lebenshaltungskosten vielfach wieder relativiert. Ganz zu schweigen davon, dass die auf Kooperation und Kompromisse ausgerichtete Gewerkschaftslinie hier zentrale Angriffe von Staat und Kapital auf die Beschäftigten in Form der Heraufsetzung des Rentenalters oder die weitere Ausrichtung von Gesundheits- und Bildungswesens nach Kapitalinteressen nicht im Geringsten beeinträchtigte. Es gibt mehr als genug Bereiche, in denen es gilt, für unser aller Interessen gemeinsam gegen Staat und Kapital einzutreten. Die Einigkeit und Entschlossenheit unserer Klasse, derjenigen die nur Bruchteile des gesellschaftlichen Reichtums abbekommen und über deren Köpfe hinweg Entscheidungen getroffen werden, muss sich letztlich durchsetzen – gegen diejenigen, die sich dem Kapital andienen, gegen die Stillhaltepolitik der Gewerkschaftsbosse und gegen die eingebildete Perspektivlosigkeit. Entschlossene Streiks und Sozialproteste dienen zudem nicht nur dazu einzelne Verbesserungen durchzusetzen und noch massivere Angriffe von Staat und Kapital zu verhindern, sie haben eine noch wichtigere Bedeutung: Sie stärken Klassenbewusstsein, Selbstvertrauen und Solidarität. Die Spaltung in Beschäftigte der verschiedenen Unternehmen und Sparten, in RentnerInnen, Erwerbslose, prekär Beschäftigte und tariflich Abgesicherte, in Männer und Frauen, Deutsche und MigrantInnen, kann in den gemeinsamen Kämpfen überwunden werden. Die gemeinsame Praxis bringt neue Erfahrungen und zeigt sowohl die Stärke, als auch noch vorhandene Unzulänglichkeiten auf. Ohne diese Grundlage bleibt jede Perspektive, die über einzelne Veränderungen im Kapitalismus hinausweist, allenfalls ein abstraktes Ziel. Das selbstständige Handeln und Organisieren der Lohnabhängigen, ihr Sammeln von konkreten Erfahrungen und die Förderung ihrer Kampfbereitschaft ist mehr Grundlage für eine Überwindung des Kapitalismus, als noch so viele in Flugblättern und Broschüren niedergeschriebene Lippenbekenntnisse.
Unsere Seite aufbauen
So wichtig die klassenkämpferische und politische Praxis ist, so beschränkt bleibt sie doch ohne kontinuierlich arbeitende Strukturen: zum Beispiel Gewerkschaften und kämpferische Basisgruppen in den Betrieben, antifaschistische Gruppen, selbstverwaltete Zentren und Arbeitskreise an Schulen und Unis. All sie sind für den kontinuierlichen, auf Erfahrungen und kollektiven Diskussionen aufbauenden Kampf in den verschiedenen Bereichen eine substantielle Grundlage.
Sich zu organisieren bedeutet auch, der Individualisierung, dem Egoismus und dem Konkurrenzdenken entgegen zu wirken. So wird die Tendenz, die dem Kapitalismus innewohnt und seine Überwindung ermöglicht, aufgegriffen: die Vereinigung der ArbeiterInnenklasse gegen die Klasse, die von Ausbeutung und Unterdrückung profitiert. Unsere heutigen Zusammenschlüsse sind die Grundlage, um zukünftig sämtliche gesellschaftlichen Bereiche selbstbestimmt, kollektiv und solidarisch zu regeln und Strukturen zu entwickeln, die an die Stelle profitorientierter Unternehmen und des bürgerlichen Staates treten. Doch auch die Strukturen in verschiedenen Teilbereichen reichen nicht aus. Wir, die Gruppen, die diesen Aufruf veröffentlichen, sind uns darin einig, dass eine politische Kampforganisation notwendig ist, die sich nicht mit der Verbesserung des Kapitalismus beschäftigt, sondern an seiner Überwindung arbeitet. Eine Organisation, die die revolutionäre Theorie und Praxis langfristig und kontinuierlich entwickelt, Schulung und Information gewährleistet und sich nicht auf tagespolitische Kämpfe beschränkt und darin abarbeitet, sondern deren Dynamiken für den revolutionären Prozess nutzt. Sie kann und darf die verschiedenen anderen Organisierungen dabei nicht ersetzen, sondern muss in einem dialektischen, sich ergänzenden und aufeinander aufbauenden Verhältnis zu ihnen stehen und die Selbstorganisierungen in den verschiedenen Bereichen ermöglichen und unterstützen. Der Aufbau einer bundesweiten revolutionären kommunistischen Organisation muss heute diskutiert, vorbereitet und entwickelt werden. Unser Bündnis kann und soll nicht zuletzt hierzu einen Teil beitragen.
Viva el comunismo y la libertad
Am 1. Mai gehen wir offensiv für eine kommunistische Perspektive auf die Straße, gleich ob die Schreihälse in den Parlamenten und bürgerlichen Medien jegliche Alternative zum Kapitalismus als unmöglich oder barbarisch darstellen. Während sie in billiger propagandistischer Weise jedesmal losschreien, wenn das Wort »Kommunismus« fällt, stehen wir zu unserer Geschichte – mit all ihren Errungenschaften und den gemachten Fehlern. Die bisherigen Versuche, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, haben konkrete Verbesserungen für viele Millionen Menschen mit sich gebracht: die Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft, Frauenrechte und das Verbot von Diskriminierungen, Bildungsmöglichkeiten für breite Bevölkerungsschichten, Verbesserungen in der Gesundheitsvorsorge und Mitbestimmung in den Betrieben. Dies alles war nur möglich durch die Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse, die Errichtung einer geplanten und an den Bedürfnissen orientierten Produktion und die Abschaffung der bürgerlichen Herrschaft. Die sozialistischen Versuche wurden dabei stets auf vielfältige Weise von den kapitalistischen Staaten angegriffen und mussten sich gegen Handelsboykotts, Sabotage, Anschläge, Propaganda, militärische Angriffe und andere Schwierigkeiten durchsetzen. Dass sie aufs erste gescheitert sind, dass es verheerende eigene Fehler und autoritäre und bürokratische Entwicklungen gab, spricht ausschließlich dafür, sich intensiv mit den Erfahrungen zu beschäftigen, Fehler nicht zu wiederholen und erneute Fehlentwicklungen nicht zuzulassen.
Die bisherigen Entwicklungen in Richtung einer Überwindung des Kapitalismus sind zudem nicht längst vergangene historische Ereignisse. Der Sozialismus als Gesellschaftsmodell der Zukunft wird beispielsweise in Teilen Lateinamerikas und Asiens offen thematisiert. Starke Basisbewegungen von Arbeiterinnen und Arbeitern, Bäuerinnen und Bauern, den Land- und Arbeitslosen setzen dort auch heute konkrete Verbesserungen für große Teile der Bevölkerung durch. Während hierzulande etwa Arbeitsplätze abgebaut und Menschen durch Studiengebühren von den Universitäten ausgeschlossen werden, die Gesundheitsversorgung eingeschränkt wird usw., erkämpfen diese Bewegungen in diesen Bereichen Verbesserungen. All den fortschrittlichen Kämpfen weltweit und den Versuchen, den Kapitalismus zu überwinden und eine befreite Gesellschaftsordnung aufzubauen, gilt unsere internationale Solidarität.
Wir haben eine Welt zu gewinnen, kämpfen wir gemeinsam für eine kommunistische Perspektive: eine Gesellschaftsordnung, in der die Kontrolle über die Lebens- und Arbeitsverhältnisse nicht weiter in der Hand einer kleinen Klasse aus Kapitalisten und bürgerlichen Regierungen liegt, sondern die Produktionsmittel vergesellschaftet sind und alle Belange der Gesellschaft kollektiv organisiert werden. Die massive Ausbeutung der Mehrheit einerseits und die Anhäufung von Reichtum bei Wenigen andererseits müssen der Vergangenheit angehören, der gesellschaftliche Reichtum allen zur Verfügung gestellt und die notwendigen Arbeiten nach Fähigkeiten und Interessen verteilt werden. Frieden und internationale Solidarität haben an die Stelle von imperialistischen Kriegen und militärischer Aufrüstung zu treten. Das Bildungswesen darf nicht länger Wirtschaftsinteressen untergeordnet sein, sondern muss allen ein selbstbestimmtes Lernen ermöglichen. Anstelle des bürgerlichen Staatsapparates sind Strukturen zu entwickeln, die gesellschaftliche Mitbestimmung und die Niederhaltung jeglicher Form der Ausbeutung gewährleisten.
Gehen wir hierfür gemeinsam am 1. Mai auf die Straße, stehen wir ein für die Überwindung des Kapitalismus und den Aufbau einer klassenlosen, kommunistischen Gesellschaftsordnung!
Für Solidarität und Klassenkampf!
Für den Kommunismus!
Infos zur Geschichte des 1. Mai
Im Juli 1889 wurde der 1. Mai vom Internationalen Sozialistenkongress in Paris zum weltweiten Kampftag des Proletariats erklärt. Die Mobilisierungen stehen weltweit für den Kampf gegen Faschismus, Rassismus und gegen staatliche Repression, für den Klassenkampf gegen Staat und Kapital, für die Gleichberechtigung der Geschlechter, Frieden und die internationale Solidarität, kurzum: für eine revolutionäre Perspektive und die Überwindung des Kapitalismus. Bis heute gab und gibt es vielerorts massives staatliches Vorgehen gegen die 1.-Mai-Demonstrationen, von Verboten bis hin zu Angriffen des Militärs und der Polizei. Gerade am 1. Mai werden diese Angriffe aber vielfach militant beantwortet, weichen die Mobilisierungen nicht zurück, sondern wird die Konfrontation mit den Herrschenden bewusst eingegangen. Statt der Mobilisierungen, die den 1. Mai vielfach auf kleine Feste mit Reden reformistischer Politiker und Gewerkschaftsbosse reduzieren, ist es für uns zentral, klassenkämpferische und revolutionäre Aktivitäten zu organisieren. Der 1. Mai ist nicht der Tag leerer Reden und belangloser Feste, sondern des offensiven Eintretens für eine revolutionäre Perspektive. Den Versuchen der Faschisten, ihre menschenverachtende Politik am 1. Mai auf die Straße zu tragen und sich als soziale Alternative zur herrschenden Politik darzustellen, gilt es kämpferische antifaschistische Mobilisierungen entgegen zu setzen. Auch und gerade am 1. Mai ist es wichtig, den rechten Hetzern nicht die Straße zu überlassen.