01.04.2009 | Texte & Aufrufe

Die Krise beenden: Kapitalismus abschaffen!

Von: Revolutionäres 1.-Mai-Bündnis Berlin

Die Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise sind immer deutlicher spürbar. Rund um den Globus sind Menschen von der Krise betroffen und mit Armut, Hunger, der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, Stellenstreichungen, Standortschließungen und Sozialabbau konfrontiert. Der 1. Mai ist der zentrale Tag, an dem die grundlegende Ablehnung des kapitalistischen Systems, das Krisen und Kriege hervorbringt zum Ausdruck gebracht wird. Nicht nur in Berlin, sondern weltweit gehen an diesem Tag Menschen für die Perspektive einer Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung auf die Straße.

Die Fakten sprechen für sich

Die soziale Situation eines Großteils der Bevölkerung verschlechtert sich weltweit. Am stärksten betroffen sind die Menschen in den ärmsten Ländern, die gegen Hunger, Unterernährung und Obdachlosigkeit ankämpfen. Die Zahl der Hungernden ist von 2008 bis 2009 sprunghaft auf über eine Milliarde Menschen angestiegen. Unter anderem die Spekulation mit Nahrungsmitteln an den Börsen hatte dazu geführt, dass die Preise massiv gestiegen waren. In vielen Ländern wehrten sich die Menschen mit Hungerrevolten.

Doch auch in den reichen Ländern spitzen sich die Klassenwidersprüche zu. Die Armut wächst auch in der BRD. Hunderttausende Obdachlose leben in der BRD. Auch in Berlin sind in diesem Winter mehrere Menschen erfroren. Mehr als 30 Prozent der Menschen hierzulande haben besonders unsichere Arbeitsbedingungen als LeiharbeiterInnen und MinijobberInnern oder müssen sich mit Hartz IV durchschlagen. 1,2 Millionen Menschen in Deutschland verdienen weniger als fünf Euro pro Stunde.

Die stumme Gewalt dieser ökonomischen Verhältnisse sorgt dafür, dass Menschen sich gezwungen sehen, schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne in Kauf zu nehmen, weil sie Angst haben, den Job zu verlieren und dann den staatlichen Armutsverwaltern und ihren Schikanen in die Hände zu fallen. Die Hartz-Gesetze haben maßgeblich dazu beigetragen, einen riesigen Niedriglohnsektor zu schaffen. Arbeitslose werden nach einem Jahr gezwungen, jede noch so niedrig bezahlte Arbeit anzunehmen oder in einem Ein-Euro-Job praktisch kostenlos zu arbeiten. Die Arbeitspflicht für Hartz-IV- Bezieher, die unter anderem Roland Koch (CDU) fordert, ist längst Realität, da Erwerbslose schon jetzt von drastischen Kürzungen betroffen sind, wenn sie eine angeblich zumutbare Arbeit nicht annehmen. Vielleicht träumt Koch aber auch von einem neuen Reichsarbeitsdienst.

Entlassen, kürzen, einsparen

Gerade in der Krise wollen die KapitalistInnen die Kosten senken und viele Betriebe schränken aufgrund fehlender zahlungskräftiger Nachfrage die Produktion ein. Die Folge: Viele Menschen verlieren durch die Krise ihren Job. Seit Beginn der Krise wurden bereits 200 000 LeiharbeiterInnen entlassen. Nur mit der ständigen Verlängerung der Kurzarbeit konnte die Regierung bisher Massenentlassungen verhindern. Die Kosten werden dem Staat als Schulden aufgebürdet. Die Demontage sozialer Leistungen geht ungebremst weiter und das bereits davor unsoziale Gesundheitssystem wird weiter zerrüttet.

Die milliardenschweren staatlichen Konjunkturprogramme zur Rettung von Banken und Konzernen gehen zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung. Die öffentlichen Haushalte sind durch die Rettungspakete in Milliardenhöhe noch stärker verschuldet. Durch die so genannte »Schuldenbremse« sind Bund und Länder bis 2016 verpflichtet, ihre Schulden drastisch zu reduzieren. Preiserhöhungen im Öffentlichen Nahverkehr, kaum noch sozialer öffentlicher Wohnungsbau, steigende Mieten, Personalabbau und niedrigere Löhne im Öffentlichen Dienst sind vorprogrammiert.

Viele sind empört, dass auf einmal riesige Geldsummen für die Rettung von Banken da sind, während soziale Ausgaben seit Jahren eingespart werden. Dieses Handeln des Staates ist aber durchaus konsequent. Schließlich ist es die Kernaufgabe des bürgerlichen Staates, den reibungslosen Ablauf der kapitalistischen Wirtschaft abzusichern und den Interessen des jeweiligen nationalen Kapitals Geltung zu verschaffen, um in der Konkurrenz mit den anderen Nationalstaaten möglichst weit vorne dabei zu sein.

Die Ausweitung des Niedriglohnsektors, der Druck auf die Löhne, der Abbau der sozialen Rechte sind in der BRD mit besonderer Schärfe vorangetrieben worden. Dies trägt maßgeblich zum Ausbau der Wettbewerbsposition des deutschen exportorientierten Kapitals bei. Dadurch haben andere EU-Länder wie Griechenland und Italien Marktanteile verloren. Um konkurrenzfähig zu sein, soll nun auch in diesen Ländern, angeheizt auch von der deutschen Regierung, massiver Sozialkahlschlag wie zum Beispiel die Einführung der Rente mit 67, betrieben werden.

Kapitalistische Sachzwänge

Von Medien und Politik wird die Krise oft als eine Art Naturkatastrophe dargestellt, die jetzt alle gemeinsam bewältigen müssen. Weitere Einsparungen seien unumgänglich. Als Schuldige werden gerne gierige Manager benannt, um von den tatsächlichen Ursachen abzulenken. Denn nicht das Versagen einzelner hat die Krise verursacht, sondern die Ursache ist das kapitalistische Wirtschaftssystem selbst. Der Kapitalismus durchläuft immer wieder Krisen, da die zahlungskräftige Nachfrage mit der steigenden Produktion nicht mithalten kann. Produziert wird für die Maximierung des Profits. Diesem Ziel werden im Kapitalismus alle Lebensbereiche untergeordnet. Immer weitere Bereiche wurden der kapitalistischen Verwertung unterworfen. Wasser, Strom und Wohnungen wurden längst privatisiert, jetzt werden auch noch die Bildung und das Gesundheitswesen nicht nur nach dem Profitstreben ausgerichtet, sondern dem direkten Zugriff des Kapitals ausgeliefert.

Die Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von einem Großteil der Bevölkerung ist innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise zwangsläufig. Weil es in ihr bei der Produktion nur darum geht größtmöglichen Gewinn zu machen, ist der Mensch nur ein Kostenfaktor, den das Kapital so gering wie möglich halten muss, um in der Konkurrenz zu bestehen. Die Folgen dieses Wirtschafts- und Gesellschaftssystems für die Menschen und die Natur sind verheerend.

Soziale Unruhen?

Dass in der BRD noch immer kein massenhafter Protest gegen den Klassenkampf von oben laut wird, liegt sicherlich auch daran, dass es einem großen Teil der Bevölkerung lange Zeit relativ gut ging und sich viele mit der so genannten sozialen Marktwirtschaft identifizieren konnten. Doch schon seit längerem haben sich die Bedingungen geändert. Soziale Leistungen wurden Stück für Stück abgebaut und Löhne gesenkt. In der BRD setzte der Prozess der Flexibilisierung und Privatisierung in den 1980er und verstärkt in den 1990er Jahren ein. Der Druck auf die Herrschenden in den kapitalistischen Zentren soziale Zugeständnisse zu machen, wurde nach dem Wegfall der Systemkonkurrenz deutlich kleiner. Während sich die herrschende Klasse ihrer Interessen bewusst ist und sie durchzusetzen weiß, ist das Klassenbewusstsein der Lohnabhängigen schwach entwickelt. Anpassung, Passivität und Vereinzelung statt kollektiver Gegenwehr sind noch weit verbreitet.

Was tun?

Die Gewerkschaft IG Metall will der kommenden Entlassungswelle nicht mit Konfrontation und Kampf begegnen, sondern setzt auf Zurückhaltung und einen Konsens mit dem Kapital. Diese Politik des Co-Managements drängt die Beschäftigten immer weiter in die Defensive. Um den Angriffen von Staat und Kapital wirksam entgegenzutreten, bedarf es des selbstorganisierten Widerstandes der Lohnabhängigen. wie zum Beispiel bei der Betriebsgruppe Alternative bei Daimler Marienfelde in Berlin.

Ansätze von entschlossenen Kämpfen gibt es vor allem international. In der Türkei kämpfen die Beschäftigten des Tabakkonzerns Tekel seit Monaten gegen Entlassungen und überwinden in ihrem Kampf auch die Spaltung in Kurden und Türken. Auch in Griechenland gehen die Menschen gegen die drastischen Sparpläne der Regierung auf die Straße und treten in den politischen Generalstreik. Eine neue Protestform in Frankreich hat, vor allem im vergangenen Jahr, für Aufmerksamkeit gesorgt. ArbeiterInnen haben durch das ein- bis zweitägige Festsetzen von Managern, auch Bossnapping genannt, vor allem höhere Abfindungen bei Massenentlassungen erkämpft. Dadurch haben sie der »unternehmerischen Freiheit« im wahrsten Sinne des Wortes den Kampf angesagt. Kampfmittel, wie Boss-Napping, Blockaden und Fabrikbesetzungen stellen einen Bruch mit den geltenden Spielregeln dar. Deshalb ist das Geschrei auf Seiten von Staat und Kapital angesichts solcher Entwicklungen meistens groß.

Für ein Ende der Gewalt

Bürgerliche PolitikerInnen fordern immer wieder ein Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit in der politischen Auseinandersetzung. Gerade rund um den 1. Mai in Berlin ist die Gewaltfrage das vorherrschende Thema in den Medien. Gleichzeitig verschweigen die angeblich friedliebenden BürgerInnen aber, dass sie sich selbst sehr wohl zur Gewalt bekennen: zur Gewalt des Staates. Diese Gewalt ist erwünscht und für die herrschende Klasse auch absolut notwendig. Die Staatsgewalt ist der Garant dafür, dass das kapitalistische Eigentum an Produktionsmitteln nicht angetastet wird, da dies die Grundlage der kapitalistischen Ausbeutung ist.

Gewalt stößt auch dann immer auf mehrheitliche Zustimmung im Bundestag und in den Konzernetagen, wenn es zum Beispiel um die als »humanitäre Interventionen« bezeichneten Raubzüge der Bundeswehr in Afghanistan oder im Kongo geht. Der Krieg und die Besatzung Afghanistans durch die NATO-Truppen haben unzählige Opfer gefordert. Die NATO will den Krieg in Afghanistan noch ausweiten und hat im Januar eine Erhöhung der Truppen beschlossen. Der Bundestag hat Ende Februar mehrheitlich der Aufstockung der Truppen um 850 auf 5350 SoldatInnen zugestimmt. Das Leben der afghanischen Bevölkerung hat sich durch die Besatzung nicht verbessert, im Gegenteil: die Lebenserwartung ist gesunken, die Alphabetisierungsrate ist gefallen, ein Großteil der Menschen lebt in extremer Armut. Dass Frauenrechte und Demokratie nur vorgeschobene Ziele sind, zeigt sich auch daran, dass die NATO mit den fundamentalistischen Warlords zusammenarbeitet und auch die islamistischen Taliban gerne als Partner akzeptieren wird, wenn sie ihren Interessen dienen.

Die schleichende Entwicklung, die Bundeswehr zunehmend auch im Innern einzusetzen, ist eine ernste zusätzliche Bedrohung jeden Widerstandes gegen die kapitalistische Herrschaft. Viele PolitikerInnen fordern offen, die Bundeswehr durch eine Grundgesetzänderung zu einem regulären Instrument der Repression zu machen. Dass aus der wirtschaftlichen Krise auch eine politische Krise werden kann wissen auch die Herrschenden. Auf mögliche Rebellionen der Ausgeschlossen wollen sie vorbereitet sein. Die Einschränkung demokratischer Rechte, wie beispielsweise das Versammlungsrecht, der Ausbau von Überwachung und Kontrolle, die Aufrüstung von Polizei, Geheimdiensten und der Armee und die zunehmende Repression gegen antikapitalistische und antifaschistische Strukturen sind Teil einer präventiven Sicherung der herrschenden Ordnung.

Mit welcher Härte gegen linke und fortschrittliche Bewegungen vorgegangen wird kann man beispielsweise in Kurdistan sehen. Dort ist die kurdische Befreiungsbewegung seit April 2009 wieder einer massiven Repressionswelle ausgesetzt. Die Partei DTP (Partei der demokratischen Gesellschaft) wurde verboten und 1 500 BürgermeisterInnen, MenschenrechtlerInnen und AktivistInnen, auch von der neu gegründeten Partei für Frieden und Demokratie (BDP), befinden sich in Haft. Auch Tausende Minderjährige sitzen in türkischen Knästen weil sie sich an kurdischen Demonstrationen beteiligt haben sollen. Ihnen drohen wegen Unterstützung der PKK teilweise bis zu 15 Jahren Haft. Die Repression gegen die kurdische Befreiungsbewegung wird immer länderübergreifender wie die Razzien und Verhaftungen gegen den kurdischen TV-Sender ROJ-TV und das kurdische Nationalparlament im März in Belgien zeigen.

Auch gegen die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung setzt der spanische Staat extreme Repression ein. Selbst führende GewerkschafterInnen werden unter dem Konstrukt der EU-Terrorlisten in Präventionshaft genommen, missliebige politische AktivistInnen werden kriminalisiert und verfolgt, weil sie für die soziale und politische Selbstverwaltung eintreten. Methoden der Folter und Entführung oder das »Verschwindenlassen« wie im Falle des baskischen Aktivisten Jon Anza werden auch in anderen Ländern Europas angewandt.

Es geht ums Ganze

Eine Gesellschaft ohne Armut, Krieg und Krisen ist nur gegen den Kapitalismus durchzusetzen und nicht innerhalb des bestehenden Systems möglich. Eine komplette Umgestaltung unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ist dafür notwendig. Es geht schlicht um die Frage des Eigentums. Wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass sich eine Minderheit den von uns erwirtschafteten gesellschaftlichen Reichtum aneignet. Eine Gesellschaft, in der die Produktion den Bedürfnissen aller dient ist längst überfällig. Doch von alleine werden sich die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht ändern, dafür müssen wir gemeinsam aktiv werden und uns organisieren. Am 1. Mai werden wir mit einer kraftvollen Demonstration für die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus und die Perspektive einer klassenlosen Gesellschaft eintreten.

 

Erst den Naziaufmarsch in Berlin verhindern und dann:
Heraus zur revolutionären 1. Mai-Demonstration!

1. Mai 2010 | 18 Uhr | Berlin | Kottbusser Tor
Revolutionäres 1.-Mai-Bündnis (18 Uhr) | www.erstermai.nostate.net

Tags: 1. Mai, Klassenkampf

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