19.10.2016 | Texte & Aufrufe

Skript zum Vortrag zur Black Panther Party

Von: Revolutionäre Perspektive Berlin

Skript des Vortrages zur Veranstaltung im Zuge unseres monatlich stattfinden Perspektive-Tresen am 11. Oktober 2016 im Bandito Rosso

Die Geschichte der Black Panther Party (BPP) ist historisch gesehen nur ein kurzes Moment in der Befreiungsgeschichte der schwarzen Bevölkerung. Allerdings war ihre revolutionäre Konsequenz und ihre soziale, humanistische Ausstrahlung, auf die Kämpfe in den rebellischen 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts so groß, dass der Staatsterror gegen sie, nicht nur ihr politisches und physisches Dasein auslöschen wollte, sondern auch die Erinnerung an ihre Bedeutsamkeit. Letzteres allerdings ist nicht gelungen. Wir erleben gerade einen neuen Anlauf in den USA, die Geschichte der Befreiung von Rassismus und Unterdrückung weiter zu schreiben. Der Vortrag wird nicht alle Aspekte erfassen können, dazu ist der Abend zu kurz. Daher hier nur der Versuch ein kohärentes Bild der BBP zu vermitteln.

Black Panther Party

1968 ging ein Bild um die Welt. Auf dem Siegerpodium der Olympischen Spiele stehen zwei schwarze US-Amerikaner. Als die USA-Nationalhymne erklingt, strecken sie die geballte Faust in den Himmel. Der Gruß der Black Panther Party an alle Unterdrückten. Es gab einen Aufschrei der weißen Elite, aber der ging unter in der Bewunderung über den Mut der schwarzen Sportler. Black Power wurde zu einem weltweiten Begriff.

»Black Power« war eine politische Bewegung die sich in den 60er Jahren entwickelte und das neue Bewusstsein der Schwarzen ausdrückte. Sie war eine Reaktion auf den oft mörderischen Rassismus, der trotz aller Jahrzehnte langen Kämpfe der Bürgerrechtsbewegung weiter bestand und die schwarze Bevölkerung bedrohte und ihr überhaupt eine sozioökonomische Entwicklung verweigerte. Einer der charismatischsten Personen der Bewegung war Malcom X. Er forderte die Entwicklung eigener selbstkontrollierter Gemeinschaften und bestand auf dem Recht auf Vergeltung für gewaltsame Übergriffe der Weißen auf die schwarze Bevölkerung. Malcom X wurde 1965 ermordet.

Die BPP hatten ihre sozialen Wurzeln in den Ghettos der US-amerikanischen Städte und ihre politischen Wurzeln in der Bürgerrechtsbewegung. 1966 nach der Parteigründung wurden sie zum stärksten politischen Anziehungspunkt der »Black Power«-Bewegung.

Die Bürgerrechtsbewegung war der Dachbegriff für eine Vielzahl kleiner Organisationen aus dem Bereich von Kirche, Universität, Kultur und Bildung. Etwa 40 Prozent davon waren (liberale) Weiße. Der bekannteste Vertreter der Bürgerrechtsbewegung war Dr. Martin Luther King. Er wurde 1968 ermordet.

Die Bürgerrechtsbewegung hatte in den fünfziger Jahren die ersten großen Kampagnen gegen die institutionalisierte Apartheid geführt. Sie entwickelte konsequent gewaltlose Widerstandsformen: Boykotte, Sit-ins, Demonstrationen, bewusstes gemeinsames Übertreten der Rassengesetze, wie zum Beispiel organisierte Bus- und Zugfahrten, Erkämpfung von Gerichtsurteilen gegen die schlimmsten institutionellen Auswüchse des Rassismus wie: getrennte Schulbildung, getrennte Sitzordnung, Restriktionen beim Wahlrecht und der gleichen.

Ihr Ziel war die Integration der Schwarzen in das amerikanische System und sie erreichte einige beachtliche Erfolge: Erlangung politischer Rechte, stärkere politische Repräsentation, Eindämmung des alltäglichen Terrors der Polizeibrutalität und Lynchmorde. Sie hatte das Selbstbewusstsein und das politische Bewusstsein der Schwarzen geweckt.

Die Bürgerrechtsbewegung war eine Mittelstandsbewegung. Ihre führenden Akteur*innen hatten zwar eine bessere Bildung, aber sie steckten in ungesicherten Positionen. Ihr Kampf um Integration war auch ein Streben nach Festigung ihrer Position in der Mittelklasse der US-amerikanischen Gesellschaft. Mit diesem Streben stieß sie an ihre Grenzen, denn aus der formalen Gleichstellung konnte nur der dünne Mittelstand der schwarzen Bevölkerung bessere Perspektiven entwickeln. Die überwiegende Mehrheit der Schwarzen lebte und lebt in den Ghettos und hier blieben die sozialen Verhältnisse immer elendig.

Als 1964 die ersten Ghettoaufstände begannen und sich Jahr um Jahr über alle Städte ausbreiteten, war die Bürgerrechtsbewegung mit ihrem Latein vom gewaltlosen Widerstand am Ende. Ihre Führungselite verurteilte sogar die Riots und stellte sich offen auf die Seite der Herrschenden. Ein Teil der Bewegung radikalisierte sich, und suchte nach politischen Alternativen. Die weißen Liberalen waren verschreckt durch die Radikalisierung und verließen die Bewegung. Die Schwarze Studentenorganisation SNCC (Student Nonviolent Coordinating Committee) entfernte 1965 das »Nonviolent« aus ihrem Namen. Sie war eine der aktivsten Gruppen innerhalb der Bürgerrechtsbewegung gewesen.

Die ersten Riots begannen 1964 in Harlem, weiteten sich über alle schwarzen Ghettos New Yorks aus und griffen auf weitere Städte über. Demonstrationen, brennende Innenstädte, Plünderungen, Pflastersteine, Eisenstangen, Molotowcocktails gegen die Schusswaffen der Polizei. Bilanz nach zehn Tagen: 7 Tote, 800 Verletzte, über 1000 Festnahmen.

  • Sommer 1965: Riots in Los Angeles. Bilanz nach einer Woche: 35 Tote, 800 Verletzte, 700 niedergebrannte Häuser, 77 Quadratkilometer von Los Angeles war verwüstet.
  • Sommer 1966: Riots in mehr als zwei Dutzend Städten der USA.
  • Sommer 1967: Riots in über hundert Städten. In Detroit tobten die härtesten Kämpfe. Danach gaben die Schwarzen ihr den Namen Destroyed.

Zitat aus einem Bericht der Washington Post:

»Rollende Barrieren räumten die Straßen. Panzer mit aufgesessenen Fallschirmjägern, die in Viererformation nebeneinander – den Raum von Häuserfront zu Häuserfront ausfüllten. Sie schossen auf alles, was sich bewegte. Über den Dächern kreisten Dutzende Hubschrauber – sie feuerten auf Dachluken und Simse. Ganze Stadtviertel brannten, Straßenzüge waren nur noch rauchgeschwärzte Ruinen. Auf Bürgersteigen und Hausfluren lagen Tote, zum Teil verkohlt. Draußen trieben Uniformierte mit Kolbenstößen Gefangene zusammen. In vier Tagen und vier Nächten säuberten, Polizisten, Nationalgardisten und Fallschirmjäger der 82. und 101. US-Division – die zuvor in Vietnam gekämpft hatten – Straße um Straße, Haus um Haus. Dann Schwiegen die Karabiner der Heckenschützen, aber die Paras hatten eine zerstörte Stadt erobert: nicht eine feindliche Kapital, sondern die fünftgrößte Stadt des eigenen Landes ...«

Allein in Detroit gab es 41 Tote, 2000 Verletzte, 3200 Gefangene, 1500 Geschäfte wurden geplündert, 1200 Brände gelegt. Die Gefängnisse waren überfüllt mit renitenten schwarzen Menschen.

Der Anlass für die Aufstände waren in der Regel Übergriffe der Polizei auf Schwarze. Ursache aber war die rassistische Deklassierung, die Perspektivlosigkeit in den Ghettos und das soziale Elend: schlechte Qualität der Wohnungen, Zusammenbruch der Familienstrukturen, mangelnde Gesundheitsversorgung, mangelnde oder gar keine Bildung, mangelnde Ernährung, niedrige Lebenserwartung. Die allgegenwärtige rassistische Gewalt der weißen Polizei funktionierte als soziale Kontrolle nicht mehr. Vor allem die schwarzen Jugendlichen suchten nach organisierten Formen der Selbstverteidigung.

Huey P. Newton und Bobby Seale waren 1966 die Initiatoren bei der Gründung der »Black Panther Party for Self-Defense«. Beide haben ähnliche soziale Biographien: Armut, Ghetto, Straße, Knast. Beide politisiert und radikalisiert in den verschiedenen Organisationen und Projekten der Bürgerrechtsbewegung. Später wurde der Zusatz »for Self-Defense« gestrichen, weil die Parteipolitik darüber hinausging.

Die Gründer*innen entwarfen ein Zehn-Punkte-Programm und gingen damit auf die Straße:

  1. Wir wollen Freiheit. Wir wollen die Macht, um das Schicksal unserer schwarzen Gemeinschaft selber zu lenken.
  2. Wir wollen Vollbeschäftigung für unser Volk.
  3. Wir wollen, dass unser schwarzes Volk nicht länger durch den weißen Mann (später: Kapitalisten) ausgeraubt wird.
  4. Wir wollen anständige menschenwürdige Wohnungen.
  5. Wir wollen für unser Volk eine Ausbildung, die das wahre Wesen der dekadenten Gesellschaft aufdeckt. Wir wollen eine Ausbildung, die uns unsere wahre Geschichte und unsere Stellung in der heutigen Gesellschaft verstehen lehrt.
  6. Wir wollen, dass alle schwarzen Männer vom Militärdienst befreit werden.
  7. Wir wollen die sofortige Beendigung der Polizeibrutalität und der Morde an schwarzen Menschen.
  8. Wir wollen die Freilassung aller Schwarzen, die in Bundes-, Staats-, Kreis- und Stadtgefängnissen oder Zuchthäusern inhaftiert sind
  9. Wir wollen, dass alle Schwarzen bei Gerichtsverhandlungen von solchen Geschworenen beurteilt werden, die Ihresgleichen sind oder aus ihren schwarzen Wohngemeinden stammen, wie es die Verfassung der Vereinigten Staaten vorsieht.
  10. Wir wollen Land, Brot, Wohnungen, Bildungen, Kleidung, Gerechtigkeit und Frieden; und als wichtigstes politisches Ziel eine von den Vereinten Nationen durchgeführte Volksabstimmung in der gesamten schwarzen Kolonie, an der nur schwarze Staatsangehörige aus der Kolonie teilnehmen dürfen; diese Abstimmung soll über den Willen des schwarzen Volkes hinsichtlich seines nationalen Schicksals entscheiden.

Jeder Punkt des Programms war detailliert ausgeführt und die Straßenversammlungen in den Ghettos erregten Aufsehen und endeten oft in Schlägereien. Die Diskussionen konzentrierten sich vor allem um Punkt sieben, in dem es um die Organisierung des Selbstschutzes ging.

Die BPP wuchs schnell zu einer durchstrukturierten Kader-Partei nach leninistischem Vorbild heran, mit großer politischer Anziehungskraft. Die Waffengesetze in den USA erlauben das öffentliche Tragen von Waffen unter bestimmten Bedingungen. Diese wurden genau studiert mit dem Ziel eine gesetzlich nicht angreifbare Bewaffnung zu organisieren und öffentlich zu demonstrieren. Es wurden regelmäßige Kurse zur politischen, militärischen und juristischen Bildung durchgeführt. Soziale Projekte in den Ghettos entwickelt wie: Frühstücksprogramme, kostenlose Bekleidungsprogramme, freie Gesundheitsstationen vor allem für die Behandlung der typischen Armenkrankheiten wie TBC und Anämie, freie Rechtsberatungen, »Liberation Schools« wurden eingerichtet, um den schwarzen Kindern eine alternative und adäquate Schulbildung und Erziehung zu geben. Sie erkämpfte die Einrichtung schwarzer Studienzweige an den Colleges, sie stellte bewaffnete Patrouillen auf, und kontrollierte die Einsätze der Polizei. Die Panther gingen gegen die Großdealer in den Ghettos vor.

Ab 1969 gab es in den Gewerkschaften die BPP-Wählerversammlungen. Sie agitierten mit dem Ziel »Die Arbeiter*innen sollen begreifen, dass sie die Produktionsmittel kontrollieren müssen, und dass sie anfangen sollen, ihre Macht für die Kontrolle der Produktionsziele einzusetzen, um so der ganzen Bevölkerung zu dienen.«

Die Partei gab wöchentlich eine Zeitung heraus in einer Auflage von 125 000 Exemplaren. Es war die stärkste linksradikale Zeitschrift in den USA. Sie wurde international verschickt. Auch in die BRD.

Politisches Selbstverständnis

Die Panther definierten die schwarzen Ghettos als Kolonien. Die BPP begriff sich selbst als marxistisch-leninistische Partei. Sie definierte die USA als eine rassistische, kapitalistische Klassengesellschaft, in der das Profitstreben die Triebkräfte der Produktionsweise sind. In den Monopolen, welche mit dem Staat verschmolzen sind, ist die Kontrolle über die Wirtschaft konzentriert, der prägnanteste Ausdruck dafür sei der militärisch-industrielle Komplex, also die »Hochzeit« der Industrie mit dem Pentagon.

In ihrer Analyse begriffen die Panther den Rassismus nicht als Böswilligkeit der Weißen, sondern als Instrument des Kapitalismus, den Klassenkampf zum Rassenkampf zu pervertieren und die Arbeiterklasse zu spalten, als Mittel zur Herrschaftssicherung.

Die Abschaffung des Kapitalismus bedeute allerdings nicht auch das automatische Verschwinden des Rassismus, da er tief in den Weißen verankert sei. Aber in einer sozialistischen Gesellschaft böten sich bessere Möglichkeiten zu seiner Eliminierung. Der Sozialismus war für die Panther das alternative Gesellschaftsmodell:

  • Abschaffung des Eigentums an den Produktionsmitteln
  • Orientierung an den Bedürfnissen der Menschen und nicht am Profit
  • weltweite Auslöschung des Imperialismus
  • Kontrolle aller Menschen an der Produktion und Verteilung der gesellschaftlichen Güter
  • Abschaffung von Ausbeutung und entfremdeter Arbeit

In ihrer Klassenanalyse in Bezug auf die konkreten Verhältnisse in den USA war die herrschende besitzende Klasse fast vollständig weiß und die antagonistische Klasse in vier Teile gespalten: Die Arbeiter*innenklasse des »Mutterlandes«, die Arbeiter*innenklasse der Kolonie, das Lumpenproletariat des Mutterlandes und das Lumpenproletariat der Kolonie.

Die Arbeiter*innenklasse des Mutterlandes und ebenfalls die der Kolonie seien der rechte Flügel des Proletariats, weil sie durch den revolutionären Kampf ihre relative soziale Sicherheit nicht verlieren wollen, sie sind reformistisch und tendenziell korrumpiert. Das Lumpenproletariat ist der linke, tendenziell revolutionäre Flügel, ihm fühlten die Panther sich zugehörig, diesen Flügel galt es zu politisieren und zu organisieren und sie wollte die Avantgarde in diesem Prozess sein.

Sie definierten Lumpenproletariat als diejenige Schicht, »... die keine sicheren Beziehungen oder keinen althergebrachten Anteil an den Produktionsmitteln und den Einrichtungen der kapitalistischen Gesellschaft haben. Der Teil der industriellen Reservearmee, der beständig in Reserve gehalten wird: der niemals gearbeitet hat und es auch niemals tun wird: der keine Arbeit finden kann; der ohne Ausbildung und ungelernt ist; der durch Maschinen, Automation, Kybernetik ersetzt wird und niemals umgeschult oder mit neuen Qualifikationen versehen worden ist ...«

Die weltweiten antikolonialen Kämpfe ermutigten die Panther. International begriffen sie sich als Bestandteil der globalen antiimperialistischen Front im Bündnis mit den Befreiungsbewegungen. In Algier gab es offiziell ein BPP-Büro, geführt von Exilierten, die vor ihrer drohenden Verhaftung fliehen konnten, wie Eldridge Cleaver.

Die BPP setzte sich mit ihrem antikapitalistischen, antirassistischen Kampf von verschiedenen Strömungen aus der »Black Power«-Bewegung ab, die an einem eigenen schwarzen Kapitalismus bastelten oder/und die nur den Rassismus bekämpfen wollten. Sie lehnte den Separatismus der »kulturellen Nationalisten« mit einem beispielhaften Konzept ab: »Wir bekämpfen Rassismus nicht mit Rassismus. Wir bekämpfen Rassismus mit Solidarität. Wir bekämpfen den ausbeuterischen Kapitalismus nicht mit schwarzem Kapitalismus. Wir bekämpfen Kapitalismus mit Sozialismus. Und wir bekämpfen den Imperialismus nicht mit mehr Imperialismus. Wir bekämpfen den Imperialismus mit proletarischem Internationalismus.«

Der Partei war bewusst, dass ein gemeinsamer Klassenkampf der Schwarzen und der Weißen durch den Rassismus verunmöglicht wurde, daher fanden sie es notwendig, sich erst mal getrennt zu organisieren. Sie begrüßten sehr die Radikalisierung in der Antikriegsbewegung und schlossen Bündnisse mit weißen Gruppen nicht prinzipiell aus, wenn diese ihren eigenen Rassismus bekämpften und die Autonomie der BPP respektierten.

Die BPP war straff organisiert, es gab eine militärische Rangordnung, strenge Disziplinarregeln, absolutes Narkotika-Verbot, tägliche Arbeitsberichte, Verbot jeglicher Diskriminierung der Frauen.

Die Regeln wurden detailliert begründet und in der Zeitung »The Black Panther« veröffentlicht. Die Geschlechter-Hierarchie, der männliche Chauvinismus wurde bekämpft, Die weiblichen Mitglieder hatten dieselbe waffentechnische Ausbildung, ihre familiäre Situation wurde so gestaltet dass sie, wenn sie es wollten, voll an der politischen Arbeit teilnehmen konnten. Die Gleichheit von Mann und Frau, das Aufbrechen traditioneller Rollen war ein Thema, welches sie permanent ins Ghetto trugen und auch das machte sie zur Avantgarde in der »Black Power«-Bewegung in der einige Strömungen noch die Unterwerfung der Frau verlangten. Die Panther hatten eine eigene Uniform: schwarze Hose, blaues Hemd, schwarze Lederjacke, schwarze Baskenmütze. Sie traten mit kämpferischen Ritualen und Symbolen auf, was einen starken Eindruck auf die Bevölkerung machte und die Bullen in der Öffentlichkeit auf Abstand hielt.

Die BPP war von ihrem Zehn-Punkte-Programm her nicht radikal, es war das Konzept einer eigenen schwarzen Kontrolle über die Ghettos. Einige Forderungen waren direkt aus den geltenden Gesetzen und der Verfassung abgeleitet. Dahinter steckte die Absicht, die Diskrepanz zwischen den papiernen Rechten und der Realität aufzudecken. Die Panther forderten bestimmte Rechte konkret ein. Das Recht Waffen zu tragen, das Recht von der Polizei unbehelligt zu sein, solange man nicht verhaftet ist. Die Partei war von ihren Aktivitäten her legal und sie wollte öffentlich im System operieren um jederzeit mit der Bevölkerung kommunizieren zu können. Erst wenn die Repressionen der Herrschenden sie dazu zwingen würden, dürften sie in den Untergrund gehen.

Unter anderem hat sich die Partei auch an dieser Frage gespalten und zerrieben.

Bereits ein Jahr nach Gründung der Partei, begann die brutale Verfolgung zunächst durch die örtlichen Polizeikräfte und wenig später war sie Objekt des FBI. Was machte diese Organisation so gefährlich für die Herrschenden, dass sie die führenden Mitglieder kaltblütig niederschossen oder niederschießen ließen, durch Agenten, Spitzel und Spezialeinheiten?

Die BPP entfaltete eine ungeheure politische Dynamik in den Ghettos und trug darüber hinaus zur Radikalisierung der Antikriegsbewegung bei. Sie galt in der radikalen Linken als unbestrittenes avantgardistisches Zentrum der damaligen Kämpfe gegen Rassismus, Ausbeutung und Krieg. 1970 war sie in über 100 Städten vertreten, mit etwa 15 000 Mitgliedern und entfaltete politische Kampagnen gegen den Vietnamkrieg, gegen die Repressionen auf der Straße, in den Gefängnissen. Sie war der Katalysator für die Radikalisierung der weißen Studentenbewegung. Sie beflügelte und organisierte den Widerstand innerhalb der Knäste über die Rassenschranken hinaus. Ihre Öffentlichkeitskampagnen hatten internationale Ausstrahlung, wurden von internationalen Solidaritätsgruppen aufgenommen, auf internationale Kongresse getragen. Ein Vertreter der Panther sprach in Stockholm auf dem Russel-Tribunal. Es gab Ortsgruppen in Algier, Havanna und Kopenhagen.

In Frankfurt gab es das BPP-Solidaritäts-Komitee. Die Agitation der Black Panther in den Kasernen gegen die Einberufung zum Kriegsdienst war so erfolgreich, dass von allen ausländischen US-Stützpunkten die meisten Deserteure aus der in Deutschland stationierten 7. Armee kamen. Das Unterstützer*innennetz der APO für die desertierten GIs zog sich quer durch Europa. Kathleen Cleaver wurde 1969 die Einreise verweigert, als sie an einer Großveranstaltung gegen den Vietnamkrieg eingeladen war. In der DDR gab es eine gesellschaftliche Dauerkampagne für die Freilassung Angela Davis.

Im Oktober 1967 wurde Huey Newton bei einer Schießerei mit der Polizei schwer verletzt verhaftet. Er wurde wegen Mordes angeklagt und hatte mit der Hinrichtung in der Gaskammer zu rechnen. Für die Kampagne »Befreit Huey« wurden Bündnisse mit weißen linken Organisationen geschlossen. Unter anderem mit den Weatherpeople und der Kommunistischen Partei und selbst mit liberalen Parteien, wenn sie eine eindeutige Antikriegshaltung hatten.

Newton wurde als Kandidat für die Kongresswahlen aufgestellt. Im ganzen Land gab es Komitees gegen Repression, Rassismus, Rechtsbeugung. Die schwarze Studentenorganisation schloss sich der BPP an, die weiße Studentenschaft solidarisierte sich mit Demonstrationen, Versammlungen, Sit-ins. Die Charismatischen Köpfe der Panther wie Bobby Seale, Katleen und E. Cleaver, Fred Hampton, Jeronimo Pratt, Angela Davis, um nur einige zu nennen, füllten im ganzen Land die Versammlungsstätten. In den Gefängnissen wuchs der militante Widerstand.

George Jackson, seit frühester Jugend im Knast, für einen 70-Dollar-Diebstahl, war die zentrale Figur der Knastkämpfe, ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Würde und Freiheit, ein exzellenter Schriftsteller, illusionslos und kompromisslos, der von sich selbst sagte:

»Geboren mit der Aussicht auf vorzeitigen Tod, ein Diener, unterbezahlter Arbeiter, Mann für die Dreckjobs, der Putzer, der Geschnappte, der Mann hinter Schloss und Riegel, ohne Kaution, das bin ich, das koloniale Opfer. Jeder, der heute die Prüfung zum Beamtendienst besteht kann mich morgen töten. Jeder, der sie gestern bestanden hat, kann mich heute in vollster Immunität töten. Ich habe in jedem Moment meines Lebens mit der Unterdrückung gelebt. [...] Ich bin in jedem Sinne des Wortes, wirklich in jeder Hinsicht, ein Sklave für und ein Sklave des Eigentums. [...] Ich habe einen Plan. Ich werde alles geben, mich selbst, bis wir siegen oder ich untergehe. Ich bin davon überzeugt, dass jede ernsthafte Organisierung des Volkes von Anfang an die potenzielle Drohung mit revolutionärer Gewalt enthalten muss.«

George Jackson wurde 1971 im San Quentin Gefängnis von Wärtern bei einem angeblichen Fluchtversuch niedergeschossen.

Das FBI beschloss die Köpfe der BPP abzuschlagen. Am 8. März 1971 brach eine Gruppe, die sich »Bürgerkomitee zur Untersuchung des FBI« nannte, in die Büros des FBI ein. Die geraubten Akten enthüllten das Ausmaß der Counterintelligence-Programme gegen die BPP. Edgar Hoover, damaliger Direktor des FBI bezeichnete die BPP als die größte Gefahr für die innere Sicherheit der USA. Die Programme zur Zerschlagung der Panther waren umfassend und vielfältig:

  • Überwachung und Abhören von Wohnungen, Büros, Personen
  • Postfälschungen
  • Herstellung fiktiver Briefe zur Erzeugung von Spannungen
  • Schwarze Propaganda-Operationen: Flugblätter, Erklärungen um die Ziele zu verzerren
  • Graue Propaganda: falsche Informationen an die Medien zur Diskreditierung
  • Behinderung der Gegenöffentlichkeit: erhöhte Transportkosten der Publikationen, Zerstörung der Lieferungen
  • Ständige Verhaftungen anhand falscher Beschuldigungen, bei denen es lediglich um die Erzeugung von Angst ging und um die Plünderung der Parteikasse mit hohen Kautionen.
  • Informant*innen und Provokateur*innen
  • Pseudo-Gangs
  • Verleumdung wichtiger Schlüsselfiguren. Es wurden Gerüchte verbreitet sie seien Spitzel, veruntreuten Gelder
  • Beweisfälschungen in Prozessen
  • Ermordungen

Sich aus dieser Umklammerung zu befreien, gelang der BPP nicht. E. Cleaver musste 1969 die USA verlassen um der Verhaftung zu entgehen. Er führte das Büro in Algier. Weitere Mitglieder folgten ihm, die Kommunikation zwischen den Sektionen war eine offene Flanke für das FBI.

Die politischen Widersprüche in der Partei (Guerilla-Taktik statt offene Partei, Hierarchiefragen, Bündnisprobleme) wurden mittels der Anti-Aufstandsprogramme des FBI eskaliert bis zu gegenseitigen Hinrichtungen. Der Versuch, sich vor der massiven Infiltration von Spitzeln und Provokateuren zu schützen, verhärtete die Strukturen und den Bürokratismus. Die Angriffe der Spezialeinheiten, ständige Hausdurchsuchungen, Erschießungen in den Wohnungen, auf der Straße, brachten die politische Arbeit zum erliegen.

Ende 1970 waren 40 zum Teil führende Mitglieder ermordet, 85 verletzt, Hunderte im Knast. George Jackson wurde im Knast ermordet, wenige Tage vor dem Urteilsspruch, der nur ein Freispruch hätte sein können.

Die innere Zerstörung, die Spaltung der Partei nahm einen gründlichen Verlauf. Kämpfe um die Vormachtstellung, Ausschlüsse, öffentliche mediale Beschimpfungen zerstörten das revolutionäre Charisma. Auch nach Einsicht in die geraubten FBI-Akten 1971 war die Zersplitterung nicht mehr zu kitten.

Bis 1982 gab es noch politische Aktivitäten, die um parlamentarische Mitbestimmung kämpften, dann löste die Partei sich auf. Danach waren bis Mitte 1985 in den USA noch etliche Guerilla-Gruppen aktiv. Einige haben sich nach den Erfahrungen der brutalen Repression im Untergrund organisiert. Ich nenne hier einige der bekanntesten:

  • Weather Underground Organization
  • George Jackson Brigade
  • Black Liberation Army
  • Fuerzas Armadas de Liberación Nacional Puertorriqueña (FALN)

Auch heute, also fünfzig Jahre später ist der Rassismus in den USA noch immer eine lebensbedrohende Realität für die schwarze Bevölkerung. Die häufigen Morde und Tötungen schwarzer Menschen durch die Polizei, die rassistische Justiz, der systematische Rassismus gegen Schwarze im täglichen Leben wird von der schwarzen Bevölkerung nicht mehr hingenommen und seit einigen Jahren organisiert und vernetzt sich die Bewegung »Black Lives Matter« mit dem Ziel den Befreiungskampf der Schwarzen wieder aufzunehmen. Obgleich diese Bewegung in ihrer politischen Ausrichtung sehr vielfältig und vielschichtig ist, entfalten ihre Aktivitäten für die Abschaffung des Rassismus und jeder anderen Unterdrückung eine landesweite politische Dynamik. Sie ist ein politischer Machtfaktor geworden gegen die Herrschenden geworden.

Die Kämpfe der »Black Lives Matter« können wir heute Abend leider nicht detaillierter diskutieren. Vielleicht ist es eines der nächsten Tresen-Themen.

Tags: Bewaffneter Kampf, Internationalismus, Klassenkampf, Rassismus, USA

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