Solidarität. Organisierung. Widerstand. Fight Capitalism
Am 7. und 8. Juli 2017 treffen sich die Regierungsoberhäupter der mächtigsten Staaten der Erde inmitten einer Metropole. Beim G20-Gipfel in Hamburg wird sich die herrschende Politik ein weiteres Mal öffentlich als Problemlöser inszenieren, während die Welt in Scherben liegt. Die erwarteten 3000 Delegierten in den Hamburger Messehallen sollen durch über 10000 PolizistInnen, Geheimdienste und Militärs geschützt werden. Straßen sollen komplett gesperrt, ganze Stadtteile in Sicherheitszonen verwandelt werden, in denen sich nur noch mit polizeilicher Genehmigung bewegt werden darf. Auch wenn die G20-Staaten für sich in Anspruch nehmen zwei Drittel der Weltbevölkerung zu repräsentieren, ist allen Beteiligten bewusst, dass sie mit erheblichem Widerstand zu rechnen haben. Denn wir erkennen sie nicht an, sie repräsentieren uns nicht! Es ist ihre Politik, die den staatlichen Rahmen für ein System setzt, bei dem immer offensichtlicher wird, dass es der absoluten Mehrheit der Menschen schadet. Diese Ablehnung wollen wir auf die Straße tragen. Nicht als Botschaft an die PolitikerInnen, sondern an all jene Menschen, die schon lange genug haben von diesem System. Gemeinsam mit Tausenden aus ganz Europa werden wir ihnen gehörig die Show vermiesen und den G20-Gipfel nutzen, um für eine Perspektive jenseits des Kapitalismus einzutreten.
Wenn die politischen Eliten beim G20-Gipfel den Eindruck vermitteln, ihnen ginge es mit gemeinsamen Absprachen ernsthaft um die Verbesserung der Lebensbedingungen von großen Teilen der Weltbevölkerung, klammern sie nicht nur die Realität ihrer eigenen Politik, sondern auch den eigentlichen Zweck ihres Treffens aus: den globalen Krisenkapitalismus zu stabilisieren und Herrschaftsinteressen abzugleichen. Die wohlklingenden Leitthemen des Gipfels 2017 »Frauen, Flucht und Gesundheit«, können über den Charakter des Treffens nicht hinwegtäuschen. Egal ob die Türkei und Saudi-Arabien, Deutschland und die USA, China und Russland oder die anderen beteiligten Staaten: Sie alle produzieren wesentlich die Probleme, die sie jetzt vorgeben lösen zu wollen. Tatsächlich bringt die herrschende Weltordnung immer verheerendere Lebensverhältnisse hervor, in denen drastische Armut und massiver Reichtum zwei Seiten einer Medaille sind, Kriege zur Normalität gehören und Rassismus sowie patriarchale Strukturen ein neues Revival erleben. Unzählige Menschen sind weltweit auf der Flucht, Tausende in den letzten Jahren im Mittelmeer ertrunken. Den Ursachen der Probleme, den bestehenden Eigentums- und Machtverhältnissen, wird sich bei dem Gipfel niemand annehmen. Im Gegenteil: Den Staaten geht es darum, den eigenen hegemonialen Einfluss in der globalen Konkurrenz zu sichern. Die geopolitischen und ökonomischen Interessen werden ausgelotet und mal miteinander, mal gegeneinander durchgesetzt. Die klassischen imperialistischen Staaten, die jährlich etwa beim G7-Treffen zusammenkommen, sind mit einer aufstrebenden Konkurrenz aus den sogenannten Schwellenländern, insbesondere aus China und Russland konfrontiert. Die Absprachen und Deals im Rahmen der G20 sind Ausdruck dieser Kräfteverschiebungen und zugleich Versuche der alten Mächte, ihren zentralen Einfluss auf das Weltmarktgeschehen zu erhalten. Während die einen ihre politische und militärische Vormachtstellung ausbauen wollen, versuchen andere zu den Global Playern aufzuschließen. Bei allen Widersprüchen sind sich die G20-Staaten in vielen Dingen einig: Sie bauen höhere Mauern und Zäune, sichern politisch den Besitz der herrschenden Klasse, stürzen etliche in einen von Unsicherheit geprägten Alltag und bedienen sich zunehmend autoritärer Lösungen, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Globalisierung hat die Bedeutung der Nationalstaaten nicht geschwächt, vielmehr kommt ihnen auch heute eine zentrale Rolle zu, um Märkte zu sichern, nationale Klassenverhältnisse aufrechtzuerhalten und internationale Machtbeziehungen auszuhandeln.
Die Regierungen, die sich beim G20-Gipfel treffen, setzen die globale Ausbeutung und die Unterwerfung unseres gesamten Lebens unter die Verwertungslogik des Kapitals maßgeblich durch. Sicherlich trägt im Kapitalismus niemand unmittelbar und alleine die Verantwortung für die Verhältnisse, die Aneignung des Reichtums durch die besitzende Klasse vollzieht sich in der Regel über die Gesetze des Marktes. Das heißt aber nicht, dass dieses System nicht verteidigt und politisch durchgesetzt wird. Der Schutz der bestehenden Eigentumsverhältnisse, die Perfektionierung der Ausbeutung von Arbeitskräften, das Abstecken imperialistischer Einflusszonen und die Privatisierung öffentlichen Eigentums werden innerhalb der Rahmenbedingungen bürgerlicher Politik aktiv vorangetrieben. Verhaftet in der Logik des Kapitals verkaufen sie uns die Entwicklungen als alternativlos. Diese Politik der »Sachzwänge« führt zu ständiger Prekarisierung, Angst und der Verwertung aller Lebensbereiche, in denen selbst das trostloseste Dasein noch der Vermehrung von Kapital dient.
Heute, fast ein Jahrzehnt nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise, ist die Legitimität des Kapitalismus nach wie vor angeschlagen, und die etablierte Politik hat mit der Rufrettung ihre Schwierigkeiten. Dennoch ist das Ergebnis vielerorts nicht der Aufbruch sozialer Bewegungen mit fortschrittlichen Forderungen, sondern die Zuwendung zu reaktionären Modellen und rechten Strömungen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass es der revolutionären Linken gelingt, die Kämpfe um bessere Lebensbedingungen und für Solidarität – die an vielen Stellen geführt werden – zu verbreitern und gesellschaftliche Alternativen zum Hauen und Stechen der globalen Konkurrenz aufzubauen. In antifaschistischen Protesten gegen den Rechtsruck in Europa, solidarischen Netzwerken zur Unterstützung von Geflüchteten, Kampagnen gegen Krieg und Militarisierung oder feministischen Bewegungen organisieren und beteiligen sich unzählige Menschen, die es vorziehen sich zu wehren, anstatt den immer unerträglicheren Verhältnissen tatenlos zuzuschauen. Diese Anstrengungen, die Risse in die saubere Fassade des modernen Kapitalismus ziehen, sind Ansätze im Kleinen, in denen Konturen einer neuen Gesellschaftsordnung sichtbar werden. Darüber hinaus legen offene Klassenauseinandersetzungen wie die jüngsten Erhebungen gegen die geplante Aushöhlung des Arbeitsrechts in Frankreich, aber auch offensive Arbeitskämpfe wie der bundesweite ErzieherInnenstreik 2015 oder der Widerstand gegen Verdrängung, Zwangsräumungen und Gentrifizierung in Großstädten, Grundsteine dafür, reale Gegenmacht von Lohnabhängigen wieder erfahrbar zu machen und mit Leben zu füllen.
Wenn wir im Juli 2017 gegen den G20-Gipfel auf der Straße sind und in vielfältigen Aktionen gemeinsam handeln, kommen unsere politischen und sozialen Kämpfe zusammen, die wir tagtäglich gegen die Zumutungen des Kapitalismus, die Gleichgültigkeit der bürgerlichen Gesellschaft oder die Gewalt reaktionärer Regime organisieren. Wir machen uns keine Illusionen. Den G20-Gipfel zum Fiasko zu machen, ist ein symbolischer Schritt. Die wirklichen Aufgaben stehen uns noch bevor. Wir müssen der Zuspitzung der sozialen Verhältnisse wieder mit konkreten Alternativen begegnen. Der herrschenden Konkurrenz setzen wir die Beteiligung an solidarischen Selbstorganisierungen in den verschiedenen Arbeits- und Lebensbereichen entgegen. So können wir in unserem eigenen Alltag ansetzen, um lebensnahe Alternativen zum kapitalistischen Leistungs- und Verwertungszwang zu entwickeln.
Letztlich geht es darum die Abwehr von Verschärfungen mit dem selbstbewussten Aufbau einer kommunistischen Perspektive zu verknüpfen. Einer Perspektive, in der die wissenschaftlichen und technischen Möglichkeiten der Gesellschaft bewusst und geplant für den flächendeckenden Wohlstand Aller eingesetzt werden, in der die Kontrolle über die gesellschaftliche Produktion und die politische Organisation des Zusammenlebens in wirklich demokratischen Rätestrukturen ausgeübt wird. Auch wenn wir noch weit von diesen Zuständen entfernt sind, mit dem heutigen Aufbau von Gegenmacht in allen gesellschaftlichen Bereichen und der Verbindung von verschiedenen Kämpfen lassen sich Kräfteverhältnisse verschieben und die Grundlagen für den Bruch mit dem Kapitalismus schaffen. Lasst uns den G20-Gipfel nutzen, um zusammen zu kommen und den kapitalistischen Verhältnissen den Kampf anzusagen!
Für einen revolutionären Aufbauprozess!